Das Ende der ersten Bonner Universität

von Thomas Becker

Pläne zu eine Universitätsgründung in Bonn hat es schon seit der Reformationszeit gegeben. Philipp Melanchthon faßte bei seinem Aufenthalt in der Stadt den Plan, im aufgelösten Minoritenkloster eine kleine Hochschule einzurichten. Aber die Reformation in Bonn mußte vor der Macht Kaiser Karls. V. weichen, und außer dem Minoritengymnasium, das 1676 von den Jesuiten übernommen worden war, gab es bis in die Zeit der Aufklärung hinein keine höhere Bildungsanstalt. Gerade das Gymnasium weckte bei den Bonner Bürgern ebenso wie bei der kurkölnischen Regierung das Bedürfnis nach einer erreichbaren und moderen Universität. Die schon 1388 gegründete Kölner Hochschule zeigte manche Anzeichen des Verfalls, die als Vorbild angesehene Universität Göttingen war zu weit entfernt, um eine gute Alternative zu bieten.

Als auf Druck der Kronen von Frankreich, Spanien und Portugal im Jahre 1773 der Jesuitenorden von Papst Clemens XIV. aufgehoben wurde, ergab sich für den ersten Minister des Kölner Kurfürsten Maximilian Friedrich die erhoffte Gelegenheit, endlich den Bürgern Bonns und des Kurstaates die kostspieligen Reisen zu auswärtigen Universitäten zu ersparen. Das 1732 errichtete Gebäude des Jesuitengymnasiums in der Bonngasse, gegenüber der Namen-Jesu-Kirche, wurde zum Sitz einer kurfürstlichen Akademie bestimmt. Sie erhielt fünf Abteilungen: Gottesgelehrtheit, Rechtsgelehrtheit, Arzneigelehrtheit, Weltweisheit und als letzte Abteilung das fünfklassige Gymnasium, das unter den Jesuiten schon bestanden hatte. Seine Lehrkräfte wurden übernommen. 1774 nahm die Akademie ihren Betrieb auf. Die Professuren in den theologischen und philosophischen Disziplinen erhielten allerdings die alten Konkurrenten der Jesuiten, die Minoriten.

Aus einem schon unter Clemens August am Jesuitengymnasium angesiedelten weltlich-juristischen Lehrstuhl wurden drei neue gebildet, einer für Staats- und Völkerrecht, einer für Pandekten und Institutionen und einer für peinliches Recht und Lehnsrecht. 1776 wurde eine Professur für Medizin eingerichtet. Damit waren die Abteilungen perfekt, und im Jahr 1777 wurde die Organisation der Akademie von ihrem Präsidenten, dem Staatsminister Graf Belderbusch, festgelegt und in Statuten zusammengefaßt. Eine päpstliche oder kaiserliche Privilegierung hatte die neue Anstalt allerdings noch nicht. An eine Bestätigung durch den Papst wurde auch gar nicht gedacht, denn obwohl der Erzbischof von Köln der Stifter der Hochschule war, wollte man sich vom Einfluß des Klerus freihalten. Im Gegenteil zog man nicht nur die Besitzungen der Jesuiten im Kurstaat zum Unterhalt der "Maxischen Akademie" ein, sondern nötigte die Klöster in der Stadt Köln und im Erzstift sogar dazu, diese finanziell oder durch Abordnung von Lehrkräften zu unterstützen. Die Prozesse, die das Kölner Domkapitel dagegen bei den kaiserlichen Gerichten angestrengt hatte, gingen zugunsten der kurfürstlichen Regierung aus, die das zum Anlaß nahm, beim Kaiser um die Privilegierung nachzusuchen.

1784 erhielt der Kurfürst Max Franz von Habsburg, der mittlerweile die Regierung übernommen hatte, die kaiserliche Urkunde, die er jedoch erst zwei Jahre später verkünden ließ, weil er erst noch die Reform des niederen Schulwesens und der Gymnasien ins Werk setzen wollte. Vom 20.-22. November 1786 feierte die Stadt Bonn in einem glänzenden Fest die Erhebung ihrer Akademie zur Universität. Am Eingang zum Marktplatz vor der Einmündung von Bonngasse und Sternstraße wurde eigens ein mächtiger Triumphbogen errichtet, mit Gottesdiensten, feierlichen Zeremonien, gelehrten Disputationen, festlichen Bällen und fröhlichen Umzügen wurde drei Tage lang gefeiert. Der ersten Bonner Universität, die hoffnungsvoll und vielversprechend begonnen hatte, war indes keine lange Zukunft beschieden. Die alte Ordnung des Kurstaates brach 1794 unter dem Ansturm der französischen Revolutionstruppen zusammen. Die Vorlesungen wurden nach der Einnahme der Stadt erst einmal unterbrochen. Das Universitätsgebäude diente erst als Hospital, dann als Heumagazin für die in der gegenüberliegenden Jesuitenkirche untergebrachten Kavalleriepferde. Im November 1795 wurde der Vorlesungsbetrieb wieder aufgenommen. Allerdings waren nur noch wenige Professoren übrig, die für die wenigen verbliebenen Studiosi Kolleg hielten. Daß die französische Militärregierung weniger Wert auf die akademische Bildung als auf eine revolutionäre Gesinnung legte, zeigte sich an der gleich zu Anfang dekretierten Berufung des F. Gall zum Professor der Schönen Künste und der griechischen Sprache, ohne daß dieser die nötige akademische Qualifikation vorweisen konnte. So kümmerte die Bonner Universität noch zwei Jahre lang vor sich hin, bevor sie im Jahre 1798 endlich aufgehoben wurde.