"Kein geringeres Verdienst vor Gott als in den weit entfernten Heidenländern"

Die Geschichte der Jesuiten inMünstereifel

von Thomas P. Becker

Bei der Ausbreitung der Jesuiten in Europa gehörte Nordwest­deutsch­land zu den Gebieten mit einer besonders hohen Dichte an Niederlassun­gen.[1] Das erstaunt nicht, weil im Verlauf des 16. Jahrhunderts gleich zweimal, in den Kölner Reformationsversuchen 1543-1546 und 1582-1584, das Überleben des deutschen, vielleicht sogar des mitteleuropäischen, Katholizis­mus am Niederrhein bedroht war.[2] In Köln war 1544 die ersten Jesuiten-Niederlassung auf deut­schen Boden errichtet worden. Schon im Zurückweisen des ersten Kölner Reformationsversuches hatten die Kölner Jesuiten, unter ih­nen der junge Petrus Canisius, eine nicht unbedeu­tende Rolle ge­spielt. Zur Stärkung der katholischen Position war nach dem bluti­gen Kölnischen Krieg eigens eine päpstliche Nuntiatur in Köln ein­gerichtet worden, um ferneres Übel zu verhindern. Auch die Jesui­ten als Avantgarde der katholischen Reform fanden ihren Weg in die niederrhienischen Territorien. Bis 1615 entstanden Jesuiten-Resi­denzen oder -Kollegien in Emmerich (1592, 1603), Xanten (1609), Neuss (1615), Aachen (1603) und Bonn (1586, 1590).[3] Südlich davon waren aus ähnlichen Gründen wie am Niederrhein die Jesuiten ab 1559 in Trier und ab 1580 in Koblenz präsent.[4] Ab dem Jahr 1594 gesellte sich noch ein Jesuitenkolleg in Luxemburg hinzu.[5] Entlang der Maas gab es bis 1615 Niederlassungen in Charleville, Dinant, Namur, Huy, Lüttich, Maastricht und Roermond.[6] Betrachtet man alle diese Orte auf einer geographischen Karte, so wird deutlich, daß diese Niederlassungen, fast schon einem Belagerungsring gleich, sich um eine bestimmte Region herumgruppierten: Die Eifel. So war es allein aus "strategischen" Gründen längst an der Zeit, daß auch dieser Raum den Einflüssen der katholischen Reform geöffnet wurde. Dem trug die Gründung einer Jesui­tenresidenz in Münstereifel im Jahre 1625 Rechnung.

Die Eifel war, religionspolitisch gesehen, ein besonders schwie­riger Raum. Der Münstereifeler Landdechant hatte schon 1551 anläß­lich der Restaurationsbemühungen nach der unterdrückten Reforma­tion Hermanns von Wied die großen Schwierigkeiten in seinem Gebiet damit begründet, daß sich sein Dekanat "durch vieler Herren Län­der" erstrecke.[7] Der kirchlichen Jurisdiktion nach unter die bei­den Erzdiözesen Köln und Trier fallend, war der Raum politisch in viele mittlere, kleine und kleinste Territorien zersplittert. Vi­sitationsberichte des frühen 17. Jahrhunderts zeigen, daß die kirchlichen Verhältnisse in den Pfarrge­meinden der unzugänglichen Eifelorte weit entfernt waren von den Nor­men des tridentinischen Reformkatholizismus. So war 1627 festzustel­len, daß in den meisten Orten seit Jahren keine Predigten mehr abge­halten worden waren bzw. die Kanzel für gänzlich unkirchliche Dinge gebraucht wurde. Protestantische Einflüsse in Liturgie, Verkündigung und Seelsorge, die von den Visitatoren gerügt wurden, waren den be­troffenen Pfar­rern nach eigenem Bekunden gar nicht bewußt, aus Mangel an Ausbil­dung und geeigneten Büchern. Der Wissensstand der Bevölke­rung ent­sprach diesem Niveau.[8] Damit zeigt sich hier im Mittelgebirge ein Bild kirchlichen Lebens der Pfarrgemeinden, wie es in den Niede­rungen des kurkölnischen Erzstifts an Rhein und Erft ein halbes Jahr­hundert vorher anzzutreffen gewesen war und nun allmählich überwunden wurde.[9] Münstereifel selbst war als zentraler Ort für die nähere Umge­bung und als Sitz eines Kanonikerstiftes mit La­teinschule in religiö­sen Din­gen zweifellos besser gestellt als die kleinen umliegenden Dörfer. Die landesherrlichen Visitationen des Herzogs von Jülich 1536 und 1560 decken keinerlei gravierende Män­gel auf. Lutherischer, reformierter oder täuferischer Einfluß ist nicht zu entdecken. Allerdings gibt es auch keine brauchbaren Kon­trollinstanzen, denn weder Send noch Visi­tation sind in der gebo­tenen Weise abgehalten worden.[10] Ein gewisser Rückgang des kirch­lichen Lebens ist aus der Tatsache zu erschließen, daß von den im 15. Jahrhundert blühenden und reich dotierten drei Bru­derschaften im Visitationsprotokoll von 1536 nur noch die Liebfrauen­bruder­schaft erwähnt wird.[11] Das entspricht der auch anderswo fest­stell­baren Tendenz eines Rückgangs des Bruderschaftswesens in der Re­formationszeit.[12] Ansonsten macht die Pfarrgemeinde Münstereifel, die durch Inkorporation der Pfarre auf das Engste mit dem Stift der Heili­gen Chrysanthus und Daria verbunden war, einen "gesunden" Eindruck. Sehr viel später jedoch, in den Wirren der Thronfolge nach dem Tod des letzten Herzogs von Jülich aus dem Hause Kleve, der zum Jülich-Klevi­schen Erbfolgekrieg führte, nutzten die evan­gelisch Gesinnten in und um Münstereifel die Gunst der Stunde zu einer deutlicheren Betonung ihrer Rechte. Dies ist umso erstaunli­cher, als eine Quelle, die in Katzfeys Geschichte von Münstereifel zitiert wird, berichtet, daß nach der Polizeiordnung von Münste­reifel "kein Prediger oder Lehrer, noch wer immer, der nicht or­dentlich nach Gottes Einsetzung und der ausge­gangenen Ordnung be­rufen und angestellt, zugelassen und gestattet" werde. "Jeder Fremde, der als Bürger angenommen sein wollte, mußte vor Vogt und Rath schwören, sich mit dem alten katholischen Gottesdienste be­gnügen zu wollen."[13] Diese Ordnung war von den possedierenden Für­sten ausdrücklich bestätigt worden.[14] Man hatte dennoch fünf Pro­te­stanten als Bürger aufgenommen, die die genannten Artikel be­schworen, aber trotzdem versuchten, die neue Religion in der Stadt einzufüh­ren.[15] Es bildete sich tatsächlich zur Zeit der Erbfolge­streitigkei­ten eine kleine reformierte Gemeinschaft in der Stadt, deren Prediger ein Mann namens Hubert Eller war, und die ver­suchte, eine reformierte Gemeinde unter der ersten Jülicher Klasse zu bilden.[16] Mit dieser Gruppe kam es ab 1611 zu ernsten Auseinan­dersetzungen. Am 6. Februar 1611, dem Aschermittwoch, wagten die Reformierten eine Demonstration ihrer Stärke. Eller trat öffent­lich auf dem Münstereifeler Markplatz auf und begann vor einer großen Menschenmenge zu predigen.[17] Neben et­wa 50 Protestanten, die in Münstereifel wohnten, waren auch Anhänger des reformieten Glaubens aus Flamersheim, Antweiler, Kastenholz, Les­senich und Wa­chendorf zusammengeströmt, was zeigt, daß die Verbrei­tung der Re­formation kein auf Münstereifel beschränktes punktuelles Phänomen war, sondern in der weiteren Umgebung Verbreitung gefunden hatte. Trotz der Garantie für den Bestand der katholischen Religion hiel­ten sie die politische Situation offensichtlich für günstig, da beide Fürsten, die seit 1609 die Herrschaft über das Land bean­spruch­ten, dem lutherischen Glauben anhingen. Die Marktbesucher und die Mün­stereifeler Bevölkerung waren jedoch keineswegs ge­willt, das öffent­lichen Auftreten der "Häretiker" hinzunehmen. Wie Johann Friedrich Schannat in seiner "Eiflia illustrata" berichtet, wurde der arme Eller "spoliiert", die anderen Zuhörer gestoßen, geschlagen und be­schimpft.[18] Die Sache war damit noch nicht ausge­standen. Die evange­lischen Einwohner beschwerten sich über die Vorfälle bei der Düssel­dorfer Regierung. Die nun folgende Untersu­chung gab den Protestanten recht, doch es kam noch während der Verhöre zu neuen Reibereien und Schikanen von katholischer Seite, die bis 1614 den schwelenden Konfes­sionskonflikt aufrechterhiel­ten. Auch der Pfarrer engagierte sich in dieser Angelegenheit, in­dem er etwa einem der Reformierten die Be­stattung seines Kindes auf dem Friedhof untersagte.[19] Jener katholi­sche Pfarrer war ein schlechtbezahlter Pleban, eingesetzt vom Stifts­dechanten von St. Chrysanthus und Daria.[20] Der "pastor verus", Dechant Hilger Gartzweiler, wird in den Berichten nicht erwähnt. Wir wissen je­doch von den beiden Brüdern Martin und Heinrich Schönaw, die als Kanoniker im Stift waren, daß sie sich aktiv für die Vertreibung der Protestanten eingesetzt haben.[21] Es war also nicht allein der Pfarr­verseher, sondern auch das Stift als zentrale kirchliche In­stitution der Stadt, welche sich gegen den Reformierungsversuch stemmte. Das ist keineswegs so selbstverständlich, wenn man sich die Haltung anderer rheinischer Stifte zur Reformation vor Augen führt.[22] Auch der Magi­strat beteiligte sich an den antiprotestantischen Bestebungen. Bei den regelmäßig in Düsseldorf erfolgten Beschwerden bekamen die Protestan­ten zumeist recht. Doch die religionspoliti­schen Verhältnisse began­nen sich zu verändern, als Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neu­burg, am 19. Juli 1613 zum römisch-katholischen Glauben übertrat. Am Weihnachtsfeste folgte ihm der andere "possedierende Fürst", Kurfürst Johann Si­gismund von Brandenburg, mit einer Konversion zum reformier­ten Glauben. Der Krieg zwischen den beiden entbrannte auf's neue. Zu diesem Behufe rief Wolfgang Wilhelm die katholische Schutzmacht Spani­en aus den nahen Niederlanden herbei. Das Auftauchen der un­erbittli­chen Spanier führte offensichtlich in Münstereifel, wie auch an ande­ren Orten, zum allmählichen Ende der reformierten Ge­meinde. Der Pre­diger floh. Die Gemeinde beschwerte sich im Jahre 1615 bei der Synode, daß sie durch die spanische Garnison am Ab­halten ihres Gottesdienstes gehindert würde.[23] Bald verliert sich ihre Spur, wie es auch mit zahl­losen anderen Gemeinden geschehen ist, die in den Machtbereich der Spanier gerieten.[24] Im November 1614 nahm der Rat der Stadt einen neuen Amtseid an, in dessen Formulie­rung "die eher Gottes, Mariae seiner l. motter vnnd aller lieben heyligen" untergebracht war, die keinen Zweifel mehr am Willen zur katholischen Konfessionalisierung lassen konnte.[25]

Der Konflikt mit den reformierten Einwohnern hat gezeigt, daß es in­nerhalb des Stadtrates und des Stifts Kräfte gab, die ihre konfessio­nelle Standortbestimmung vollzogen hatten. Sie scheuten nicht den be­waffnetnen Konfessionskonflikt, waren andererseits aber auch nicht un­interessiert an der Einführung innerkatholischer Reformmaßnahmen und der Stärkung innerkatholischer Reformkräfte.[26] Als daher im Jahre 1618 von seiten des Landes­herrn das Ansinnen an die Stadt gestellt wurde, in ihren Mauern zum ersten Mal seit Bestehen der Stadt ein neues Klo­ster aufzuneh­men, und zwar eines des Reformordens der Kapuziner, wurde dem kei­nerlei Widerstand entgegengestellt.[27] Die Kapuziner, die nach ei­ner Nachricht bei Katzfey ihr kleines Anwesen mit einer mit Wehr­gang und Schießscharten versehenen hohen Mauer umgaben,[28] bauten in ihrer Niederlassung eine Tuchmanufaktur auf, welche die gesamte rheinische Kapuzinerprovinz mit Tuch versorgte.[29] Trotzdem waren die Patres und Brüder auf die Mildtätigkeit des Stadtrates und der Münste­reifeler Bürger angewiesen. Holz, Fleisch, Brot, Wein oder Geld beka­men sie immer wieder aus der Stadtkasse bewilligt. Zum Ausgleich übernahmen sie einige wichtige seelsorgerische Tätigkei­ten, etwa indem sie Pre­digten abhielten und in den umliegenden Dörfern, etwa Eicherscheidt und Kolvenbach, Christenlehre hiel­ten.[30] Dies alles spielt insofern eine Rolle für die Geschichte der Jesuitenniederlassung zu Münsterei­fel, als - wie wir sahen - im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts das Eifelstädtchen im Ge­gensatz zum Umland keineswegs eine "tabula rasa" für die katholi­sche Reform gewesen ist. Der Boden war also günstig und wartete auf seine Bestellung.

Im Mai des Jahres 1625, als gerade die neuerbaute Kirche des Kapu­zi­nerklosters geweiht worden war, erschien der Jesuit Pater Hein­rich Rinkop (auch Rhinkop, Rheinkop oder Rincop) aus dem Kölner Jesuiten­kolleg zusammen mit einem Laienbruder in Münstereifel, um eine Nieder­lassung zu begründen und eine Schule zu errichten.[31] Damit erntete der Rat der Stadt die ersten Früchte eines minde­stens dreijährigen Rin­gens um die Eröffnung einer höheren Schule. Schon 1622 hatte sich der Magistrat an den Pfalzgrafen "wegen an­stellungh einer Schuelen dha­selbst" gewandt.[32] Wer der Träger der Schule sein sollte, war zunächst nicht entschieden, und auch war keineswegs klar, woher die Mittel kom­men sollten, um ein solches ehrgeiziges Projekt zu finanzieren. Zu­nächst dachte man an Fran­ziskaner, die ja auch in anderen Städten, z.B. in der kurkölnischen Residenz Bonn, ein gutgehendes Gymnasium führten. Bald aber kamen auch die Jesuiten ins Spiel. Beide Varianten wurden in einer Erör­terung der jülichschen Räte am 15. Juli 1623 ver­worfen. Vor allem die Kosten für die Errichtung der Gebäude und die unsichere finan­zielle Ausstattung der Schule war ein ernstes Problem. Die Räte kamen zu dem Schluß, "daß es besser sein werde, daß werck noch ein zeitlangh in suspenso zuer­halten".[33] Die Stadt jedoch ließ nicht locker, und so gelang es im Frühling 1625 endlich, die beiden oben genannten Männer aus der Kölner Jesuitenniederlassung gesandt zu bekommen. Es spricht vieles dafür, daß der Pfalzgraf einer Ansiedlung von Jesuiten in der Eifel grundsätzlich positiv gegenüberstand. Ein Schreiben von Bürgermeister und Rat der Stadt Münste­reifel vom 5. Ju­li 1625 an die Düsseldorfer Regierung zeigt je­doch, daß man in Mün­stereifel über die schleppende Behandlung der Unterhaltsfragen für die Residenz höchst unzufrieden war.[34] In der Tat war, wie die weitere Ge­schichte der gerade begründeten Nieder­lassung zeigt, auch erst ein Etappensieg errungen worden.

Neben der ideellen und materiellen Unterstützung durch den Stadtrat hatten die beiden Jesuiten ihre wichtigste Stütze an dem Stiftskanoni­ker Hermann Gebour. Gebour, ein Zögling des römischen Collegium Germa­nicum, war den Ideen der katholischen Reform gegenüber sehr aufge­schlossen. Er befürwortete auch beim Stiftsdechanten von Beeck, den Jesuiten das Recht der Predigt und des Taufens in der Johanneskapelle einzuräumen. Obwohl im 16. Jahrhundert der Pfarrgottesdienst häufig in der Stiftskirche stattfand und nur an Sonntagen und hohen Festtagen auch in der Johanneskirche eine Messe gefeiert wurde, war sie formal die Pfarrkirche des Ortes.[35] Der Dechant, der ja, wie erwähnt, der ei­gentliche Pastor der Johanneskapelle war, hatte gegen die Tätigkeit der Jesuiten keine Bedenken. Ganz anders jedoch der Pleban, der zu seinem Unmut nicht nur die Jesuiten in seiner Kirche wirken lassen mußte, sondern sie auch noch in seinem Haus zu beherbergen hatte.[36] Die "newlich renovirte und erweidderte kirch S. Joannis Apostoli et Evangelistae und die ebenfalls durch die statt daselbst erbawete newe behausung mit dem garten"[37], d.h also das Haus des Plebans, wurden den Jesuiten auf Wunsch des Stadtrates für ihre Zwecke angewiesen. Außer­dem bot man eine einmalige Zahlung von 1760 Reichstalern an. Dazu ka­men die Einkünfte der nicht mehr bedienten Marienbruderschaft und des St. Antonius-Altares, die der Stadtrat dem Düsseldorfer Hof zur weite­ren Dotierung der neuen Niederlassung vorschlug.g[38] Am wichtigsten wa­ren jedoch die von der Wollweberzunft angebotenen Vermögenswerte. Sie bot von ihrem Grundeigentum den Broicher Hof bei Wachendorf, einen Rittersitz mit 238 Morgen, dazu einen Hof zu Peppenhoven mit 100 Mor­gen Ackerland und Wiesen, sowie die Zehnten in der Sürsch und die Hälfte des kleinen Tönnesbusches an.[39] Allein an diesen Zahlen spürt man die Bedeutung, die man in Münstereifel der Errichtung einer Jesui­tenresidenz beimaß.

Anders jedoch als bei der Gründung des Kapuzinerklosters sieben Jahre zuvor erhob sich gegen die Niederlassung der Jesuiten in der Stadt er­heblicher Widerstand. Einer der wichtigsten Opponenten war der Pleban, doch auch aus der Reihe der Stiftsherren und aus der Bürgerschaft wur­den kritische Stimmen laut. Die Zunft der Wollweber beugte sich dem Druck der Jesuitengegner und zog ihre Zusage zur Finanzierung der Nie­derlasung zurück.[40] Nach einer nicht näher belegten Stelle bei Bern­hard Duhr soll es sogar einen Anschlag auf das Leben des Kanonikers Gebour gegeben haben.[41] Ob dies Übertreibung ist oder nicht, sicher ist jedenfalls, daß die Stadt in der Frage der Ansiedlung der Jesuiten gespalten war und für einige Jahre darünber entzweit bleiben sollte.

Befürworter der Ansiedlung von Jesuiten waren in religiöser Hin­sicht diejenigen Münstereifeler Bürger und Geistlichen, die der Konfessiona­lisierung gegenüber aufgeschlossen und zu Anstrengungen im Sinne der katholischen Reform und Gegenreformation bereit wa­ren. Die Ereignisse der Jahre 1611 bis 1614 hatten gezeigt, daß unter den Kanonikern der Dechant Gartzweiler und die Brüder Schönaw Anhänger des Reformkatholi­zismus waren. Auch der Nachfol­ger, der Dechant Beeck, sowie der Kano­niker Gebour, waren bereit, sich für die Sache der katholischen Reform und für die Jesuiten einzusetzen. Den gleichen Geist finden wir im Ma­gistrat, in dem 1612-1613 ein Anton Gebour und 1618 ein Heinrich Schönaw Bürger­meister waren. Unter der Bürgerschaft war z.B. der jülichsche Rat Peter Lynnerie ein Befürworter des Tridentinums.[42] Auch er hatte in der Zurückweisung der Protestanten 1611 eine Rolle ge­spielt. So finden wir bei der Untersuchung der Befürworter immer wie­der Quer­verweise auf die konfessionellen Auseinandersetzungen der Jahre 1611-1614. Verschiedentlich sind diese Ereignisse direkt mit der Errichtung einer Jesuitenniederlassung in Verbindung gebracht wor­den.[43] In den zeitgenössischen Quellen findet sich darauf kein di­rek­ter Hinweis. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß die Geist­lichen und die religiös motivierten Befürworter der Jesuiten aus einem gewis­sen Gefühl der Unsicherheit heraus den katholischen Glauben in seiner tridentinischen Spielart stärker gefestigt sehen wollten. Für diese religionspolitische und seelsorgerische Tendenz spricht, daß die Be­fürworter Streitschriften verfaßten, in denen sie das Seelenheil und geistige Wohlergehen der Mitbürger, insbe­sondere der Jugend, als Ar­gument ins Feld führten. Nach Beendigung der Streitigkeiten sind diese Schriften wie auch diejenigen der Gegner der Jesuiten, dem Feuer über­geben worden. Ein solche Schrift aus der Feder des Kanonikers Hermann Gebour hat sich je­doch in den Münstereifeler Jesuitenakten erhalten. Gebour bemüht sich, in einer "parabolica quaestio" zu erörtern, warum man den Jesuiten die Johanneskapelle einräumen sollte und was vom Wi­der­stand der Gegner zu halten ist.[44] In seiner Parabel ist die Johan­neskapelle "eine arme dochter", die so schlecht mit Einkünften ausge­stattet ist, daß der Stiftsdechant (die "haußmutter") und das Ka­pitel nicht "das spitz vom nagell" davon haben, und in der ledig­lich an Sonn- und Feiertagen ab und zu das Opfermahl gehalten wird. Eigene Pa­ramente ("kleider") hat sie nicht und ist darauf angewiesen, daß zur Messe aus anderen Kirchen Gewänder und Altar­tücher mitgebracht wer­den. Nun kommt als Bräutigam "aller königen freundt", nämlich die Societas Jesu, daher und begehrt die ärmli­che Tochter, um sie reich herauszuputzen und zu neuem Glanz zu führen. Die Neider und Gegner dieser Heirat sind bei Gebour die Diener des Königs, also "religiosi und ecclesiastici". Das trifft zweifellos nur einen Teil der Opponen­ten, doch erfahren wir, daß wir Gegner der Jesuiten einmal unter den Stiftskanonikern zu er­warten haben und andererseits "religiosi", also Ordensgeistliche, eine Rolle spielten. Nun gab es in Münstereifel nur einen Orden, und das waren die gerade erst seit wenigen Jahren in der Stadt an­sässigen Kapuziner. Sie waren selbst ein tridentinischer Re­formor­den, so daß wir nicht Gegnerschaft gegen die tridentinische Re­form als Motiv für eine bei ihnen möglicherweise vorhandene Opposition vermuten dürfen. Viel eher ist es denkbar, daß die Kapuziner um gerade erst erreichte seelsorgerische Besitzstände fürchteten, denn sie hatte ja mit ihren Predigten das geistliche Leben der Stadt wiederbelebt und sie waren es auch, die mit religiöser Kin­derunterweisung in tridenti­nischem Sinne auf den Dörfern des Mün­stereifeler Kirchspiels begonnen hatten, mit einer Tätigkeit also, die wie keine zweite eine Domäne der Jesuiten war. Von anderen Or­ten, z.B. St. Goar, kennen wir durchaus eine erbitterte Konkurrenz zwischen Kapuzinern und Jesuiten, wenn es darum geht, Tätigkeiten abzugeben.[45] Wir sind im Falle Münstereifel jedoch auf Vermutungen angewiesen, da die bisherige Literatur zur Ge­schichte der Jesuiten in Münstereifel sich der Überlieferung der Kapu­zinerniederlassung nicht angenommen hat.

Viel konkreter ist die Angelegenheit beim Chrysantus-und-Daria-Stift. Hier waren nicht nur alte Traditionen und Besitzstände in Gefahr, die so mancher auch dann nicht aufzu­geben bereit war, wenn davon gar kein materieller Nutzen mehr zu erwarten war, sondern hier war vor allem ein solcher Schlendrian und untridentinischer Geist, daß von der Prä­senz von Jesuiten am Ort zukünftiger Ärger mit der kirchlichen Obrig­keit zu erwar­ten war. Dieser Ärger traf auch prompt ein, als im Jahre 1627, noch während der Streitigkeiten um die Jesuiten, der Generalvi­kar Gelenius zu einer Visitation nach Münstereifel kam. In einem "Memoriale concernens Eiffliam (brevis delineatio enormium delictorum et scandalorum cleri sub initium saeculi XVII signanter in visitatione 1627)" wird über die Verhältnisse am Münstereifeler Stift geklagt. Am schlimmsten ist das Verhalten eines (namentlich nicht genannten) Stiftsherren, der dem Generalvikar zunächst einfach jede Auskunft ver­weigert. Auf die Frage, ob er schon die kanonischen Horen gebetet ha­be, gab der Stiftsherr zur Antwort: "hodie nullum esse sanctum, es sein heut nichts davon worden; sonsten pflege er psalmos poenitentia­les zu lesen pro horis, dum impeditur, oder officium beatae Virginis." Den Namen seines Beichtvaters wollte er erst nicht preisgeben. Endlich rückte er damit heraus, daß der Pfarrer Johann Hommel sein Beichtvater sei. Es stellte sich jedoch heraus, daß dieser Johann Hommel schon vor zwei Jahren verstorben war. Nun wurde der Stiftsherr erst recht auf­sässig, so daß der Generalvikar zum Schluß die Hilfe des bracchium saeculare in Anspruch nahm und den Kanoniker für einige Tage in den Kapitelskerker sperren ließ.[46] So extrem dieses Beispiel klingt, so war es doch nur ein wenig extremer als das, was wir aus anderen Klö­stern und Stiften des Rheinlandes erfahren.[47] Die Haltung der Kleriker in den meisten Stiften war in mancherlei Hinsicht mit den strengen Normen der tridentinischen Reform unvereinbar. Aus diesem Grund waren die Jesuiten an vielen Orten des Rheinlandes alles andere als willkom­men. Sie traten wie niemand sonst für die Einhaltung der Gebote des Tridentinums und für das neue Priesterideal ein. Konkubinat, Trunk­sucht, Prunk und Pflichtvergessenheit hatten vor ihnen keine Chance. Zudem blieben sie nicht, wie etwa die Kapuziner, auf einen umgrenzten kontemplativen und seelsorgerischen Bereich beschränkt, sondern dräng­ten sich schnell in die angestammten Positionen hinein, seien es nun Universitätsprofessuren wie in Köln oder Pfarrstellen wie in Bonn oder Münstereifel. In Bonn, wo am Cassiusstift ähnlich schwierige Zustände herrschten wie in Münstereifel, waren die Jesuiten seit 1618 zu einer Art informeller Überwachungsinstanz für Zucht und Sitten innerhalb des Stifts bestellt worden. Unbotmäßige Stiftsherren wurden angewiesen, bei einem Jesuiten die Beichte abzulegen, und erst wenn dieser sein Einverständnis gab, war der jeweilige Sünder wieder zu seinen Ämtern und geistlichen Aufgaben zugelassen (was konkret bedeutete, daß ihm die Präsenzgelder für diesen Zeitraum entgingen). Zugleich war in Bonn - auch darin Münstereifel vergleichbar - das Bildungsmonopol des Stifts gebrochen worden, indem die Jesuiten neben ihrem Gymnasium auch zwei Elementarschulen organisierten, die der Münsterschule erhebliche Konkurrenz machten.[48] Als 1592 die Stelle der Bonner Hauptpfarre St. Remigius durch einen Kandidaten des Kapitels so schlecht verwaltet worden war, daß dieser zurückgezogen werden mußte, stemmten sich Dech­ant und Kapitel von St. Cassius mit aller Macht gegen den Plan des Erzbischofs, einen Jesuiten auf diese Pfarrstelle zu setzen.[49] Jesui­ten und Stiftskapitel - das sollten diese Beispiele zeigen - zogen keineswegs von selber an einem Strang, sondern waren eher geschworene Feinde. Mit Protestantismus hatte das nichts zu tun. Vielmehr ging es um Flügelkämpfe innerhalb des katholischen Lagers. Daß der Riß quer durch das Kapitel ging, zeigt die Schrift von Hermann Gebour, die an seine Mitkanoniker gerichtet ist und versucht, die Unentschiedenden, zu denen offensichtlich auch der Dechant von Beeck gehörte, auf seine Seite zu ziehen.

Führten bei der Geistlichkeit religiöse und konfessionspolitische Gründe zu einer Entscheidung für oder gegen die Jesuiten, so spielten bei der Bürgerschaft eher wirtschaftliche Aspekte eine Rolle. Diese wirtschaftlichen Vorbehalte, gepaart mit entsprechen­den Aktionen wie der Verweigerung der finanziellen Ausstattung der Residenz mit Ein­künften, trafen den Plan der Ansiedlung ins Mark und wurden von den Jesuiten auch viel ernster genommen als die üb­rigen Anfeindungen. Da­bei hatten die ökonomischen Aspekte der Je­suitenniederlasung durchaus zwei Seiten. Der Rat der Stadt, der sich massiv für die Ansiedlung der Jesuiten einsetzte, tat dies in erster Linie aus wirtschaftlichen Er­wägungen. Er sah die Ansied­lung von Jesuiten weniger unter dem Aspekt der Seelsorge als viel­mehr unter demjenigen der Errichtung einer hö­heren Schule.[50] Die­ser Wunsch war diktiert durch die immer schwächer werdende Wirt­schaftskraft Münstereifels. Münstereifel war, keine Ackerbürger­stadt, sondern lebte als Marktort vor allem von Handel und Ge­werbe. Am wichtigsten waren die Wollweber, die ihre Produkte man­gels eines Verlagssystems auch selber verkauften. Schon seit dem Spät­mittelalter hatten die Münstereifeler Weber das Privileg, ihre Tuche mit Kölner Maß zu versehen und als kölnische, d.h. als Mar­kenquali­tätsware, im Fernhandel anzubieten.[51] Im Spätmittelalter hatten die Münstereifeler Kaufleute die Exportwaren des Münsterei­feler Marktes, vor allem die Tuchwaren, dem Fernhandel zugeführt. Seit dem 16. Jahr­hundert aber wurden sie mehr und mehr darauf zu­rückgedrängt, die Er­zeugnisse der Stadt und der Region zu sammeln und auf dem Münstereife­ler Markt fremden Kaufleuten weiterzuver­mitteln. Diese Zwischenhänd­lerrolle war nicht nur um einiges weni­ger profitabel, sie war auch höchst anfällig, da die Tendenz der Großkaufleute aus Köln und anderen Orten bestand, unter Umgehung dieses lokalen Zwischenhandels direkt mit den Produzenten zu ver­handeln.[52] Die Wollweber als Rückgrat der städtischen Wirtschaft, und auch die Tuchscherer und Gewandschneider, waren in ihrer Dop­pelrolle als Produzenten und Händler nicht ganz so betroffen wie die Krämer und Händler, die ihre Waren aus den umliegen­den Dörfern bezogen, aber ausgenommen vom wirtschaftlichen Niedergang waren sie auch nicht. Vor allem trafen sie genauso wie die anderen Bür­ger die wirtschaftlichen Auswirkungen der vielen Kriege auf Handel und Gewerbe. Schon im 16. Jahrhundert hatte der Münstereifeler Handel unter den Auswirkungen des Freiheitskampfes der Niederlän­der und un­ter dem Kölnischen Krieg zu leiden gehabt. Gerade in den Jahren, in denen sich die Jesuiten in Münstereifel niederlassen wollten, setzten die Kriegsereignisse, nicht zuletzt durch eine erneute spanische Gar­nison im Jahre 1624, dem Handel der Stadt sehr zu. Die Folgen blieben nicht aus. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts hatte die Zahl der steuer­zahlenden Bürger ca. 500 betragen. 1666 gab es noch 263.[53] In dieser Situation bot sich dem Stadtrat die Chance zu einer Wiederbelebung der Wirtschaftskraft durch Struk­turwandel. Von einer Handelsstadt sollte Münstereifel zu "einer Stadt der Klöster und Schulen" (Gugat) werden. In der Tat ist aus einer Beschwerde aus dem Jahre 1668 bezeugt, daß die Bürger das "studenten halten" 40 Jahre nach Gründung der Jesuiten­schule für eine wirtschaftlich bedeutende Einkommensquelle hielten.[54] Die Tendenz dazu hatte schon seit Ende des 16. Jahrhunderts bestanden. 1536 hatte Münstereifel "2 oder 3 scholen, studenten in der latei­ni­schen schoil", 1588 dazu eine vom Hospital unterhaltene Armenschule und ab 1594 die Mädchenschule "zum Salvator", die von "Jesuitinnen" unter Lei­tung der Münstereifeler Bürgerstochter Margarethe Lynnerie gegrün­det worden war.[55] Auch die Ansiedlung von klösterlichen Ein­richtungen ging in diese Richtung. Im Visitationsprotokoll von 1536 hatte es noch geheißen "geine cloester".[56] Nun gab es seit 1594 die Gemeinschaft frommer Frauen, die unter der Führung von Margarethe Lyn­nerie die genannte Mädchenschule "zum Salvator" be­gründete.[57] Nach dem Wortlaut des Testaments der Margarethe Lyn­nerie wurde die Gemein­schaft erst nach dem Tode der Stifterin 1622 in ein Konvent umgewan­delt.[58] Sie hatte jedoch schon vorher einen klosterähnlichen Charak­ter. 1618 war es zu der erwähnten Gründung eines Kapuzinerklosters ge­kommen. 1657 sollte noch ein Karmelites­senkloster folgen.[59] Aus die­ser Sicht war die Niederlassung der Jesuiten mit einer Residenz und einem von vorne herein geplanten Gymnasium nur ein Glied in einer län­geren Kette.

Diese Entwicklung traf nicht nur auf Zustimmung, sondern rief den er­bitterten Widerstand eines Teiles der Bürgerschaft hervor. Der Streit um die Niederlassung der Jesuiten ist ein Teil einer größe­ren Ausein­andersetzung zwischen dem Magistrat und den ihn tragen­den Familien auf der einen und den Bürgern auf der anderen Seite. Gegenstand dieses Streites war vor allem die Frage der gerechten Besteuerung. Schon auf den Herrengedingen der Jahre 1593 und 1594 waren Beschwerden der Bür­gerschaft gegen die Aufteilung der lan­desherrlichen Steuern durch den Magistrat laut geworden.[60] Auch 1608 wurden in einem "Klaglibell" die Forderungen nach gerechter Besteuerung und Verteilung der Lasten wie­der laut. In der Tat wa­ren durch die kriegerischen Ereignisse der letzten Jahrzehnte die landesherrlichen Steuern und die Kriegskontri­butionen immer höher geworden, während die Wirtschaftskraft der Stadt stagnierte bzw. abnahm. Die Steuern wurden der Stadt insgesamt aufge­laden, die ih­rerseits die Summe auf die einzelnen steuerpflichtigen Einwohner aufteilte. Geistliche Personen aber waren von diesen Lasten be­freit! So war es kein Wunder, daß die Politik des Magistrats, wei­tere geistliche Institutionen in die Stadt zu ziehen, die Befürch­tung wach rief, im Ergebnis würden die steigenden Abgabenlasten auf immer weniger Schultern verteilt. Noch im Jahre 1696, als die Entwicklung schon längst unumkehrbar geworden war, trug eine Denk­schrift an den Landesherrn den Titel "Status der Stadt Munster Ei­fell, in welchem standt dieselbe vor 60-70 Jahren, ehe und bevor die geistliche ihren fuess darin gesetzt, bestanden, und wie durch andere gesachte exemp­tionen wehrender Zeit abgenohmen und dieselbe anietzo sich befin­det".[61] Die Bedenken waren keineswegs aus der Luft gegriffen. Sie ver­loren auch mit den Jahren nicht an bedeu­tung. Die Niederlassung der Karmelitessen 1657 wurde von der Bür­gerschaft noch geduldet, doch 1681, als Elisabethanerinnen ein Kloster in Münstereifel eröffnen wollten, waren die Bürger nicht mehr zu weiteren Zugeständnissen be­reit.[62]

Die beiden Jesuiten hatten sich von dieser unguten Stimmung, die ihnen von Teilen der Geistlichkeit und der Bürgerschaft entgegenschlug, nicht beirren lassen. Ihre seelsorgerische Tätigkeit gestaltete sich schnell sehr erfolgreich.[63] Die Marienbruderschaft, deren Einkünfte den Jesuiten zur Verfügung gestellt worden waren, wurde von Pater Rin­kop wiederbelebt.[64] Trotz dieser Widerstände war Rinkop in der Lage gewesen, in wenigen Monaten seine Stellung in Münstereifel zu festi­gen, was er auch bitter nötig hatte.[65] Die Fronten hatten sich nämlich mittlerweile verkehrt, denn (trotz der weiterbestehenden Anfeindungen durch die Gegner der Jesuitenresidenz) kam die Hauptgefahr aus dem Or­den selber. Der Provinzleitung war der erbitterte Widerstand der Eife­ler nicht verborgen geblieben, und so teilte der Provinzial dem Pater Rinkop am 15. Januar 1626 mit, er sei gezwungen, ihm den Pater Wenzel Schnabel, der mittlerweile wohl den Laienbruder ersetzt hatte, wieder wegzunehmen und nach Siegen zu schicken, ihn selbst aber wolle man zu Ostern von Münstereifel abrufen und nach Wesel senden, "cum provinciae consultores iudicent istam mysionem Monastero-Eifliensem tollendam es­se...".[66] Darauf antworteten Bürgermeister und Magistrat am 2. Novem­ber (woraus ersichtlich ist, daß man es geschafft hatte, Rinkop wenig­stens den Sommer hindurch zu behalten) mit einem eindringlichen Brief an den Pater Provinzial: "Und ob woll etliche wenig auch geistlichen Standts wiederwertige unruhige haupter hergegen sich mit unfuegen zu opponirn vnnd solch heilsams werckh, dha dieser Statt vnd gantzem Vat­terlandts wolfahrt mit ahn dependirt, zuuerhinderen sich gelusten la­ßen durfften, so haben wir doch biß dahin deroselben motus, so viell vnß muglich gewesen, nicht allein jeder zeit gedempfft, sondern werden auch ein alsolches beharlich continuirn, vnnd die Societet hirunden zuuertretten nicht vergeßen." Der Magistrat wagt in dieser schwierigen Situation sogar die Flucht nach vorn. Er setzt sich nicht nur für den Fortbestand der Residenz und den Verbleib der beiden Patres ein, son­dern erbittet vom Provinzial, die Niederlassung "mitt dreien professo­ribus vnnd noch einem Patre, so hiesigen hern Patri assistirn kondte, großgunstig zuuersehen."[67] Auch der Gönner und Freund der Jesuiten, der Kanonikus Hermann Gebour, wandte sich am 3. Februar 1627 schrift­lich an den Provinzial. Er stellte ihm noch einmal die Dringlichkeit einer Präsenz der Jesuiten in der Eifel vor Augen: Um Münstereifel herum sind im Umkreis von einer Meile über 70 Dörfer. In den benach­barten Bergen und Wäldern herrscht eingerosteter Aberglaube; der Sa­kramentenempfang außer Ostern und im Tode ist verschwunden, die Unwis­senheit so groß, daß die meisten alten Leute den Glauben und das Va­terunser nicht aufsagen können.

Zunächst blieben der Provinzial und seine Konsultatoren bei ihrer Mei­nung. Am 18. Februar 1627 wiederholte Provinizial Baving in einem Schreiben an den (immer noch in Münstereifel weilenden!) Rinkop das Urteil der Konsultatoren, die sich einmütig für eine Aufhebung der nunmehr seit zwei Jahren arbeitenden Residenz ausgesprochen hatten.[68] Dagegen protestierte allerdings der Amtmann und verlangte, eine Ent­scheidung des Düsseldorfer Hofes abzuwarten, die sich denn auch für den Verbleib der Niederlassung in Münstereifel aussprach.[69] Darauf be­richtete man von der Provinzleitung aus den Fall an den Ordensgeneral nach Rom, und dort machte der zähe Kampf der Münstereifeler um ihr Je­suitenkolleg Eindruck. "Da man in Münstereifel so heiß nach uns ver­langt und auch nicht zu verachtende Mittel für den Unterhalt anbietet, und da nach Ihrer Ansicht ein sehr fruchtbares Arbeitsfeld in und au­ßerhelb der Stadt zu erwarten ist, so gestatte ich, die nötige Anzahl Patres und Fratres hinzusenden."[70]

So schrieb der General Vitelleschi am 24. April 1627 an den Provinzial Baving und ermöglichte so endlich eine solide Grundlage für die weite­re Arbeit des unermüdlichen Rinkop. Baving wollte allerdings erst wei­tere Lehrer schicken, wenn die schwierige Frage der ausreichenden Do­tation für die Gründung eines Kollegs gelöst wäre. Der Magistrat sei­nerseits, der offensichtlich direkt von Rom aus von der Entscheidung des Ordensgenerals Kenntnis hatte, drängte weiter auf den Ausbau der für das Wohl der Stadt so wichtigen Schule und erhielt tatsächlich mit Datum vom 25. Mai den erhofften Lohn für seine (und des Paters) Mühen, denn der nächste Brief des Jesuitenprovinzials an den Pater Rinkop wurde von Magister Heinrich Rose persönlich überbracht, der die Auf­gabe hatte, künftig die erste Klasse Grammatica zu unterrichten.[71] Die Residenz wurde bestätigt und dem Düsseldorfer Kolleg unterstellt. Da­mit war der Durchbruch entgültig geschafft.

Ein gewisses retardierendes Element kam in den Aufstieg der Münsterei­feler Niederlassung durch die fortbestehende Opposition angesehener Patres gegen den Standort. Das 3000 Einwohner zählende Städtchen sei für den Standort eines veritablen Jesuitenkollegs einfach ungeeignet, so lautete das Urteil. Wieder wurde die Entscheidung in Rom gefällt, und diesmal war sie für Münstereifel weniger günstig. Vitelleschi kri­tisierte in einem Schreiben vom 25. März 1628 die ungenügende finan­zielle Ausstattung der Niederlassung und meinte: "Vielleicht auch fin­det sich im Laufe der Zeit in der Nachbarschaft noch ein geeigneterer Ort für ein Kolleg. Ich halte deshalb dafür, daß die Niederlassung in Münstereifel nur eine Residenz bleibe und auch keine neuen Klassen mehr eingerichtet werden, bis die Zeit selbst lehrt, was schließlich mit der Residenz zu geschehen hat."[72] Das war eine bittere Pille, selbst wenn es den Bestand von Schule und Residenz nicht unmittelbar gefährdete. Die Schwierigkeiten der mangelnden wirtschaftlichen Aus­stattung der Niederlassung ließen sich trotz der Intervention des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm nicht so ohne weiteres beseitigen. Die Inkorporation zweier Kanonikerpräbenden wurde von Rom aus verboten, um Streitigkeiten zu vermeiden. Vor allem aber blieben die Wollweber, die doch am Anfang mir ihren großzügigen Zusagen den Weg für die Gründung einer eigenen Münstereifeler Jesuitenniederlassung bereitet hatten, trotz der Vorhaltungen des Landesfürsten bei ihrer Weigerung, den Je­suiten Schenkungen zukommen zu lassen. Immerhin erlangten sie die Ein­künfte des Antoniusaltars in der Stiftskirche und das Patronat über die Martinskirche in Euskirchen.

Trotz dieser Ärgerlichkeit, die den Ausbau der Schule und damit auch die wirtschaftliche Eigendynamik der ganzen Institution bremste, war der weitere Aufstieg der Münstereifelder Niederlassung unaufhaltbar. Nachdem Rinkop von 1625 bis 1627 allein oder mit nur einem Helfer und zwei auswärtigen Lehrern die Stellung gehalten hatte, kamen nach dem Magister Rose im Herbst 1627 ein Pater und zwei weitere Magistri an. Nun konnten die ersten drei Grammatikklassen voll unterrichtet werden. 1631 waren schon drei Patres in Münstereifel tätig, Ende 1636 waren es sechs, und seit 1640 gab es gar zwölf Patres, von Fratres und Magi­stern ganz zu schweigen.[73] Die Zahl der Schüler, von denen es 1631 trotz zwei Jahre lang grassierenden Pest schon 135 gegeben hatte, stieg bis 1651 auf 204 an.[74] Damit war der höchste Stand erreicht, in den folgenden Jahren litt die Schülerzahl unter den Kriegsdrangsalen der verschiedenen französischen Kriege (1681 fiel die Zahl auf 111 Schüler) und erhob sich auch im friedlicheren 18. Jahrhundert nicht mehr auf die Höhe des Jahres 1653.[75] Auch mit 200 Schülern hatte Mün­stereifel jedoch zu den kleinsten jesuitischen Vollgymnasien gehört. Der kulturellen wie auch wirtschaftlichen Bedeutung für die Stadt tat das jedoch keinen Abbruch. Ganz allmählich ging es auch mit der wirt­schaflichen Lage der Residenz aufwärts, denn bis 1648 war es möglich, 30 Privathäuser anzukaufen, um so im Innern der Stadt den nötigen Bau­grund für ein Kolleg und eine stattliche Gymnasialkirche zu erlangen.[76] Der Unterricht der einzelnen Klassen wurde an verschiedenen Orten ab­gehalten, etwa im Rathaus oder in einzelnen Bürgerhäusern. Es war klar, daß dies nur ein Übergangszustand sein konnte. 1648 war es end­lich so weit, daß die Jesuiten vor dem Magistrat den Wunsch äußerten, "ein Collegium mit zugehörigen Kirchen und Schulen zu bauen".[77] Sie be­gehrten und erhielten zu diesem Zweck einen Platz in Richtung Johan­nisberg von der Stadt zugeteilt. Vorarbeiten waren schon vorhanden, so etwa eine Abschlußmauer auf'm Dich, die neben dem Zeichen IHS die Zahl 1646 aufweist. Der Status, den man so lange zu erhalten getrachtet hatte, war 1649 endlich erreicht: Die Residenz wurde zum Kolleg erho­ben. Ein Jahr später, nachdem die Stadt 50 Bäume zum Bau des Kollegi­ums angewiesen hatte, begann man mit den Bauarbeiten für die Wohnge­bäude. Der rückseitige Flügel trug an der Eingangstür die Jahreszahl 1652, an den Eisenankern im ersten Stock die Jahreszahl 1654. Anno 1659 wurde der an der Straße liegende Flügel begonnen. Erst 1674 war er bis zum dritten Stock gediehen. Im 18. Jahrhundert gab es endlich einen eigenen Zweckbau für den Schulbetrieb. Man baute dafür in den Jahren 1724 bis 1727 zwei weitere Flügel an, der eine straßenwärts, der andere seitwärts am Dich.[78] Die lange Bauzeit war der damaligen Teuerung zu verdanken. Zum Ensemble der neuen Gebäude gehörte auch die mit dem Kolleg verbundene Gymnasialkirche St. Donatus. 1652 wurde der Grundstein gelegt, doch erst 1674 konnte der Bau vollendet werden. Die Reliquien des heiligen Donatus waren 1650 von Papst Innozenz X. an den Ordensgeneral der Jesuiten übergeben worden, der sie nach Münstereifel weitergab, wo sie 1652 in einer feierlichen Prozession in die Stadt geholt wurden.[79] Die barocke Kirche, die heute zu den Baudenkmälern der Stadt gehört, ist ein einschiffiger verputzter Backsteinbau mit hoher turmloser Fassade und polygonalem abschließendem Chor. Sie fügt sich durch den dreieckigen Giebel und die mit gotisierendem Maßwerk ge­schmückten Fenster in den Stil anderer rheinischer Jesuitenkirchen ein, die bewußt konservative gotische Elemente mit barocken Stilformen und modernen nachtridentinischen räumlichen Anforderungen verband.[80]

Die Münstereifeler Jesuiten waren jedoch von Anfang an nicht nur für die schulische und seelsorgerische Tätigkeit in der kleinen Stadt be­stimmt. Immer wieder war in den Streitigkeiten um die Errichtung der Residenz betont worden, wie wichtig es für die Eifel sei, einen jesui­tischen Stützpunkt zu erhalten, von dem aus missionierend in die hoch­gelegenen und abgeschiedenen Täler eingewirkt werden konnte. In seinem Brief an den Provinzial Baving hatte Kanonikus Gebour geschrieben: "Es ist ganz gewiß kein geringeres Verdienst vor Gott, hier zu arbeiten, als in den weit entfernten Heidenländern."[81] Gebour schilderte mit Nachdruck die Situation. Es lägen im Umkreis einer Meile um Münsterei­fel herum ca. 70 Dörfer. Überall herrsche Aberglaube, der Sakramenten­empfang außer zu Ostern und auf dem Sterbelager sei völlig unüblich, die Unwissenheit so groß, daß die meisten alten Leute das Glaubensbe­kenntnis und das Vater Unser nicht aufsagen könnten.[82] Diese Schilde­rung entsprang keineswegs seiner Phantasie, noch war sie überzogen. Die durch den Kölner Generalvikar im Jahre 1627 abgehaltenen Eifelvi­sitation gibt uns ein ganz ähnliches Bild: Im Dekanate Münstereifel mußten die Visitatoren im Jahre 1627 feststellen, daß fast alle Pfar­rer öffentliche Konkubinarier waren, den Dechanten Caspar Heinrich miteingeschlossen. Sie fanden es ganz so in der Ordnung und fühlten keinerlei Reue. Auch sonst waren die Verhältnisse dort sehr schlecht. Wochenlang lasen sie nicht einmal des Sonntags die hl. Messe, schände­ten selbst in eigener Person die Feiertage und begingen ihr Kirchweih­fest durch Zechereien und Trinkgelage. Der Vikar Dietrich pflegte nach Aussage der Zeugen sogar schon am Morgen betrunken an den Altar zu treten. Er gab ein so großes Ärgernis, daß die Umstehenden oft empört die Kirche verließen. In manchen Dörfern war es strittig  und konnte nicht mehr festgestellt werden, ob die 'Pfarrer' überhaupt jemals eine hl. Weihe empfangen hatten. An vielen Orten, besonders im angrenzenden Trierischen, konnten sie nicht einmal lateinisch lesen und wußten kaum die Absolutionsformel im Bußsakramente auswendig. Viele hatten sich ... dem Teufel ergeben und trieben offenkundig Zauberei, Heilkunde und Gesundbeterei."[83]

Gerade die letzte Bemerkung verweist auf einen besonderen und bisher nur wenig beachteteten Einsatz der Jesuiten in den schweren Jahren um 1630. Die Jahre 1629-1631 waren im Rheinland und in den angrenzenden Gebieten der Höhepunkt einer sich seit 1626 allmählich ausbreitenden umfangreichen Hexenverfolgung.[84] In dieses furchtbare Geschehen wurden die Münstereifeler Patres bald hineingezogen. Im schlimmen Jahr 1629 wurde in der Grafschaft Blankenheim der Pfarrer von Esch, Peter Hilde­brandt, aufgrund von elf Besagungen gefolterter Hexen und Hexer ver­haftet, gefoltert und am 5. Februar 1630 hingerichtet. Etwa zur selben Zeit wurde auch gegen den Wiesbaumer Pfarrer Mathias Hennes der pein­liche Prozeß geführt. Am 25. Mai 1630 wurde auch er zur Richtstätte geführt.[85] Das Problem, das sich hier wie überall bei der "Überführung" katholischer Pfarrgeistlicher als Teufelsanbeter und Hexer stellte, war die Frage, ob die von ihnen erteilten Taufen überhaupt noch Gül­tigkeit haben könnten. Um in dieser Frage kein Risiko einzugehen, be­stellte der Erzbischof Ferdinand von Wittelsbach nach Einholung eines Gutachtens der Kölner theologischen Fakultät mit einer feierlichen Ur­kunde vom 5. Dezember 1629 den Jesuiten Heinrich Rinkop dazu, alle von Hildebrandt vollzogenen Taufen erneut zu spenden. In entsprechender Weise wurde am 28. Mai 1630 eine weitere Urkunde ausgestellt, die auch die erneute Taufe aller von Hennes getauften Personen vorsah.[86] Wie es scheint, waren aber die Münstereifeler Jesuiten schon viel früher in das Geschehen der gnadenlosen Hexenverfolgung involviert. Schon am 12. April 1629 nämlich schrieb der Freund und Gönner der Jesuiten, der Ka­noniker Hermann Gebour, einen Brief an den Provinzial Baving, in dem er nach wenigen Zeilen über die Fortschritte der Residenz auf ein Ge­schehen zu sprechen kam, das ihn augenscheinlich höchst entsetzte. Er spricht von Männern, die in jedem Dorf und jeder Stadt Frauen verdäch­tigen, verhaften und so lange foltern, bis diese bereit sind, sich als Hexen zu bezichtigen, die auf Hexensabbaten getanzt und Schadenszaube­rei vollführt hätten.[87] Seine Worte erinnern fatal an die berühmte Ar­gumentation Friedrich Spees in der "cautio criminalis", die jedoch zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erschienen war. Daß Gebour nicht bloß Gerüchte über die Geschehnisse über weiter entfernte Orte in der (kurkölnischen) Rheinebene wiedergibt, zeigt die Schilderung des Ge­schicks einer vornehmen Frau "in vicino pago", also aus dem Nachbar­ort, die "magno cum scandalo" wegen Hexerei verbrannt worden ist. Die Kenntnisse und die Aufgebrachtheit des Kanonikers, der bei allen Schilderungen jedoch nie Namen nennt, wie auch der Adressat seines Schreibens, lassen den Schluß zu, daß er seine Informationen von den drei Jesuitenpatres hat, denen er stets freundschaftlich verbunden war. Die Jesuiten waren an vielen Orten als Beichtväter für die be­schuldigten oder "überführten" Opfer der Hexenprozesse eingesetzt.[88] Nach dem Brief von Gebour dürfen wir davon ausgehen, daß - anders als bisher meist behauptet[89] - auch in den Eifelgebieten des benachbarten Herzogtums Jülich umfangreiche Hexenverfolgungen stattgefunden haben. Demnach liegt es nahe, daß die Münstereifeler Jesuiten etwa ab 1629 auch als Beichtväter in Hexenprozeßangelegenheiten fungierten. Gebours Brief läßt vermuten, daß sie den Prozessen ablehnend gegenüberstanden. Ein abschließendes Urteil darüber kann aber erst auf einer breiteren Quellengrundlage getroffen werden.

Die Leistungsbilanz der kleinen Gemeinschaft, die seit Mitte des 17. Jahrhunderts aus ca. 20 Personen bestand,[90] ist ganz erheblich: Im Kol­leg selber gab es eine Sonntags- und eine Festtagspredigt, eine latei­nische Predigt und ein Exhorte an die Armen. Das Salvatorkloster mit der angeschlossenen Mädchenschule und seit 1659 das Karmelitessenklo­ster wurden seelsorglich betreut, nach wie vor wurden die Gottesdien­ste in der Johanniskirche abgehalten. Im Laufe der Jahre wurden fünf Jesuitensodalitäten gegründet, dazu wurden verschiedene alte Bruder­schaften gepflegt und neue gegründet, z.B. die marianische Bruder­schaft und die Bruderschaft vom hl. Erzengel Michael. In Hinsicht auf die Beförderung der katholischen Reform war hier am wichtigsten die Einrichtung der Jesus-Maria-und-Joseph-Bruderschaft, die auch als Christenlehrbruderschaft bezeichnet wird.[91] Die Zahl der Kommunikanten stieg immer weiter. 1650, als die Jesuitenkirche St. Donatus noch gar nicht gebaut war, wurde von 9.000-10.000 Kommunikanten im Jahr berich­tet, 1735 hören wir gar von 40.000 Kommunikanten jährlich. Zweifellos werden diese vielen Menschen vorher auch bei den Jesuiten gebeichtet haben, und ebenso sicher können wir davon ausgehen, daß sie nicht nur aus der Stadt selber kamen, sondern daß auch in der näheren Umgebung das Wirken und das religiöse Angebot der Jesuiten auf eine breite Ak­zeptanz stieß. Dazu trugen natürlich auch die zahlreichen Seelsorgeex­kursionen der Patres bei, die immer wieder in die benachbarten Dörfer aufbrachen, um dort Katechismusunterricht und Christenlehre abzuhal­ten, zu predigen, die Beichte zu hören und die hl. Messe zu feiern. Die gefahrvollen Zeiten des Hessenkrieges im letzten Abschnitt des 30jährigen Krieges hatte so manche Pfarre ihres Seelsorgers beraubt. Bis nach Schleiden, Euskirchen, Sinzig, Adenau und Prüm wurde hier die Hilfe der Münstereifeler Jesuiten begehrt.[92] Von Graf Johann Arnold von Manderscheid-Blankenheim wurde der jungen Residenz 1632 die Michaels­kapelle auf der Kuppe des Michelsberges in der Pfarrei Schönau, wenige Kilometer hinter Münstereifel gelegen, mitsamt einigen anliegenden Gü­tern zum Geschenk gemacht. Die Kapelle auf dem Berg, der erst durch sie vom Mahlberg zum Michelsberg geworden war, galt seit alter Zeit als lokales Wallfahrtsheiligtum mit nicht geringer Anziehungskraft.[93] Damit eröffnete sich den Münstereifeler Jesuiten ein weiteres Betäti­gungsfeld. Unter ihrer Verwaltung nahm der Pilgerstrom noch zu. In den Zeiten großer Seuchennot, vor allem während der großen Pest der 60er Jahre des 17. Jahrhunderts, war das ein nicht geringes Problem, denn gerade jetzt schwoll die Zahl der Pilger zum Erzengel Michael beson­ders an und vermehrte damit zugleich die Ansteckungsgefahr. Die Micha­elskapelle wurde zunächst von Münstereifel aus versorgt. Eine beson­dere Bedeutung kam ihr jedoch zu, als im Jahre 1704 die Witwe Elisa­beth Gertrud von Pallandt-Gladbach beim Münstereifeler Kolleg eine ei­gene Eifelmission der Jesuiten stiftete und fundierte.[94] Die beiden Pa­tres, die hinfort als Missionare im Gebiet der Dekanate Ahrgau und Ei­fel etwa 140 Dörfer zu bereisen hatten, waren vepflichtet, neunmal im Jahr an Festtagen auf dem Michelsberg den Gottesdienst abzuhalten. Ob­wohl die Missionare häufig über diese Unterbrechung ihre "excursiones" in weit entfernte Gebiete klagten, waren sie in Wahrheit öfter als zu den vorgeschriebenen Zeiten auf dem Michelsberg. Das Jahr 1739 ver­zeichnet 18 solcher Unterbrechungen. Die pittoresken Gestalten der Missionare mit ihren wallenden Bärten und weiten Umhängen, die sich zudem seit 1732 der blut- und tränenreichen Theatralik der sogenannten "Segneri-Methode" mit Selbstgeisselungen und exaltierten theatrali­schen Darstellungen bedienten, verwischte die Grenzen zwischen Wall­fahrt und Volksmission. Der Erfolg gab ihnen recht, denn unter ihrer Pflege erfuhr die Wallfahrt zur Michaelskapelle im 18. Jahrhundert ei­nen gewaltigen Aufschwung.[95]

Das Ende des Münstereifeler Kollegs kam mit der Aufhebung des Jesuite­nordens im Jahre 1773. Er traf jedoch die Münstereifeler Gemeinschaft und auch das Gymnasium nicht so hart, wie man meinen möchte. Der jülichsche Landesherr, Kurfürst Karl Theodor, hatte für seine Länder die freie Verfügungsgewalt über die Personen und Güter des Ordens er­halten. Anstatt die Häuser völlig aufzulösen, unterstellte er die Pa­tres der vier jülichschen Kollegien der geistlichen Leitung des Kölner Erzbischof, ließ sie aber ansonsten als Weltpriestergemeinschaften in ihren Häusern.[96] Auch die Erteilung des Unterrichts blieb in der ge­wohnten Weise in ihren Händen.[97] Dennoch war der Niedergang unaufhalt­sam. Es kamen keine neuen Lehrkräfte hinzu, und trotz der weiteren Be­willigung der nun unter kurfürstlicher Verwaltung stehenden Einkünfte für den Unterhalt der Schule und des Lehrpersonals verfielen die Gebä­ude immer mehr.[98] Der Todesstoß für das jesuitische Gymnasium kam je­doch erst mit dem Einmarsch der französischen Revolutionsheere im Jahre 1794. Alle Güter, aus denen die Einkünfte des Gymnasiums be­stritten wurden, wurden beschlagnahmt und zum Verkauf angeboten.[99] Die Anstalt selbst blieb erhalten, wenn sich auch ihr Charakter änderte. Nach französischem Lehrplan geführt, wurde sie 1808 Sekundärschule und seit 1814 wieder Gymnasium. Vom reichen kulturellen Erbe zeugt heute noch neben den Bauten des Kollegs, des Gymnasiums und der Gymnasial­kirche die umfangreiche ehemalige Kollegsbibliothek von ca. 2500 Bän­den, darunter 76 Inkunabeln und 230 Frühdrucke, die in die heutige Gymnasialbibliothek integriert ist. Insofern ist das jesuitische Erbe in Münstereifel heute noch lebendig.

 



[1]              Anton Arens, Die Entwicklung der Gesellschaft Jesu, in: Für Gott und die Menschen. Die Gesellschaft Jesu und ihr Wirken im Erzbistum Trier, hrsg. vom Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum Trier und der Bibliothek des bischöflichen Priesterseminars Trier, Mainz 1991, S. 27-42, hier S. 31.

[2]              Ein Überblick über die Geschichte der beiden Kölner Reformationsversuche unter den Erzbischöfen Hermann von Wied und Gebhard Truchseß von Waldburg bei Franz Petri, Im Zeitalter der Glaubenskämpfe (1500-1648), in: Rheini­sche Geschichte, hrsg. von Franz Petri und Georg Droege, Bd. 2, Düsseldorf 1976, S. 38-52 sowie 83-111.

[3]              Ebd., S. 186 (Karte) und S. 187.

[4]              Bertram Resmini, Die Gründung von Niederlasungen der Jesuiten im Erzbistum Trier, in: Für Gott und die Menschen (wie Anm. 1), S. 195-199; Gunther Franz, Der Reformationsversuch Caspar Olevians 1559 in Trier als Anlaß für das Kommen der Jesuiten nach Trier, in: ebd., S. 201-204.

[5]              Bernhard Schneider, Die Geschichte des Luxemnburger Jesuitenkollegs (1594-1773), in: Für Gott und die Menschen (wie Anm. 1), S. 313-332.

[6]              Petri (wie Anm. 2), S. 186.

[7]              August Franzen, Die Kölner Archidiakonate in vor- und nachtridentinischer Zeit, Münster 1953, S. 126.

[8]              August Franzen, Der Wiederaufbau des kirchlichen Lebens im Erzbistum Köln unter Ferdinand von Bayern, Erzbischof von Köln 1612-1650, Münster 1941, S. 200 f.

[9]              Sichtbar etwa durch einen Vergleich der Visitationsberichte der kurköl­nischen Visitation von 1569 (ed. August Franzen, Die Visitationsprotokolle der ersten nachtridentinischen Visitaiton im Erzstift Köln unter Salentin von Isenburg im Jahre 1569, Münster 1969, mit der Visitation des Ahrgau­dekanates von 1628, Historisches Archiv der Erzdiözese Köln (künftig zi­tiert als AEK), Bestand alte Christianitäten, Dec. Arc. Gen. 1.

[10]            Otto R. Redlich, Jülich-Bergische Kirchenpolitik am Ausgange des Mittel­alters und in der Reformationszeit, Bd. 2.1, S. 550-556.

[11]            Ebd., S. 552, besonders Anm. 3.

[12]            Thomas P. Becker, Konfessionalisierung in Kurköln. Untersuchungen zur Durchsetzung der katholischen Reform in den Dekanaten Ahrgau und Bonn an­hand von Visitationsprotokollen 1583-1761, Bonn 1989, S. 181-187; Franzen, Wiederaufbau (wie Anm. 8), S. 217.

[13]            Jakob Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel und der nachbarlichen Ort­schaften, Köln 1854, S. 369. Er gibt als Quelle an: Stadtarchiv VII, 8.

[14]            Karl Hürten, Volkstümliche Geschichte der Stadt Münstereifel, Münstereifel 1926, S. 202: "Ferner wan einer von unser Principalen kunftig der Gulicher landen rechter Successor wie obbmlt erkurt wurde, daß alsdan derselbig zu huldigung der statt Munster Eiffell besiegelte breiffe gebe und in derselb vor sich, seine Erben, zu­sagen und versprech wolle, in dem Collegio und in­corporirten Kir­chen s. Michael, Catharin, wie auch zu st. Joan hieselbst keine andere als die Römisch katholische Religion und derselbig Exerci­tium öffentlich zu gestatten ...".

[15]            Katzfey (wie Anm. 13), S. 369.

[16]            Wilhelm Fabricius, Erläuterungen zum Geschichtlichen Atlas der Rhein­provinz, Bd. 5.1, S. 166.

[17]            Katzfey (wie Anm. 13), S. 369 f.

[18]            Eiflia illustrata oder geographische und historische Beschreibung der Eifel von Johann Friedrich Schannat, hrsg. von Georg Bärsch, Aachen und Leipzig 1825 ff, Bd. 3.1, S. 321; vgl. Katzfey (wie Anm. 15), S. 368.

[19]            Katzfey (wie Anm. 13), S. 368.

[20]            Wolfgang Löhr, Kanonikerstift Münstereifel. Von den Anfängen der Stiftskir­che bis zum Jahre 1550, Euskirchen 1969, S. 38 f.

[21]            Katzfey (wie Anm. 13), S. 406.

[22]            Verwiesen sei nur auf das Beispiel Bonn. S. dazu Thomas P. Becker, Das Bon­ner Cassiusstift und die katholische Reform, in: Bonn und das Rheinland. Beiträge zur Geschichte und Kultur einer Region. Festschrift zum 65. Ge­burtstag von Dietrich Höroldt, hrsg. von Manfred van Rey und Norbert Schloßmacher, Bonn 1992, S. 93-112.

[23]            Schannat (wie Anm. 18), S. 323.

[24]            Eine Liste der untergegangenen reformierten Ge­meinden im Herzogtum Jülich bei Johann Arnold von Recklinghausen, Reforma­tions-Geschichte der Länder Jülich, Berg, Cleve, Meurs, Mark, Westfalen und der Städte Aachen, Cöln und Dortmund, Bd. 1, Elberfeld 1818, S. 606. Zu spanischen Einflüssen an anderen Orten vgl. etwa Thomas P. Becker, Gegenre­formation und evangelische Bewegung im Bonner Raum (1547-1595), in: Bonner Geschichtsblätter 39 (1989), S. 31-60, hier S. 56; vgl. auch Hermann Kelm, Evangelische Diaspora am Vorgebirge, Bornheim 1951.

[25]            K. Hürten (wie Anm. 14), S. 219.

[26]            Dies zeigt sich z.B. an der schriftstellerischen Tätigkeit des Stiftsdechanten Hilger Gartzweiler, der 1609 ein Schauspiel über die heiligen Mar­tyrer Chrysanthus und Daria verfaßte, das bei Konrad Lütgens in Köln gedruckt und im Juli des Jahres mit großem Pomp in der Mün­stereifeler Stiftskirche uraufgeführt wurde. Auch der eben als Gegner der Protestanten schon erwähnte Martin Schönaw ist 1647 mit einem Büchlein über die Münstereifeler Stiftsheiligen an die Öf­fentlichkeit getreten.

[27]            Johannes Becker, Geschichte der Pfarreien des Dekanates Münstereifel, Bonn 1900, S. 238 f.; Katzfey (wie Anm. 13), S. 215.

[28]            Katzfey (wie Anm. 13), S. 215. Johannes Becker (wie Anm. 27), s. 239,  stellt dagegen allerdings fest, daß es keinerlei Angaben über die Bauart der Kirche und des Klosters gebe.

[29]            Katzfey (wie Anm. 13), S. 215; Toni Hürten, Chronik Münstereifels in Daten von 760 bis 1816, Euskirchen 1969, S. 35.

[30]            Johannes Becker (wie Anm. 27), S. 238.

[31]            Bernhard Duhr, Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge, Bd. 2/1, Freiburg 1913, S. 118.

[32]            Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Münstereifel Jesuiten, Akten 19, fol. 3r.

[33]            Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Münstereifel Jesuiten, Akten 19, fol. 4r. Zur Gründung s. auch Katzfey (wie Anm. 13), S. 215, K. Hürten (wie Anm. 14), S. 71; T. Hürten (wie Anm. 29), S. 37; Duhr (wie Anm. 31), S. 118.

[34]            Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Münstereifel Jesuiten, Akten 3 III, fol. 2r.

[35]            Redlich (wie Anm. 10), S. 550, Anm. 2.

[36]            T. Hürten (wie Anm. 29), S. 37.

[37]            Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Münstereifel Jesuiten, Akten 3 III, fol. 5r.

[38]            Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Münstereifel Jesuiten, Akten 3 III, fol. 2r.

[39]            Carl Schorn, Eiflia Sacra oder Geschichte der Klöster und geistlichen Stif­tungen der Eifel, zugleich Fortsetzung resp. Schluß der Eiflia illustrata von Schannat-Baersch, Bd. 2, Bonn 1889, S. 211.

[40]            Katzfey (wie Anm. 13), S. 216.

[41]            Duhr (wie Anm. 31), S. 118.

[42]            Johannes Becker (wie Anm. 27), S. 245. Er war der Vater der Margarethe Lynnerie, die eine Gemeinschaft von Jesuitinnen um sich sammelte und die Salvatorschule für Mädchen gründete.

[43]            Schorn (wie Anm. 39), S. 210. Ebenso Johannes Becker (wie Anm. 27), S. 239 und K. Hürten (wie Anm. 14), S. 71.

[44]            Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Münstereifel Jesuiten, Akten 3 III, fol. 12r: "Eine haußmutter hat eine arme dochter, die keines hellers werth, gefell noch einkompsten hatt, lebet alß armlich, das sie eher uff Son- und heilige tagh gespeiset wirdt, und muß uff werckeltegh die gantze woch durch fasten und hunger leiden, hatt nicht so vil eigner kleider und hudelgen, das sie sich damit bedecken könne, wan nicht die communitet oder nachparen, drunden sie lebet, deroselben mit notturfftigen kleiderger die handt piete und sub­venijrte. Nhun kömpt von ungefehr ahn solchen orth eines uberauß mechtigen konigs freundt, der ville herligkeiten vom konig zu lehen trägt und große gutter, schätz und kleinodien hatt, er sehet die arme bloße doch­ter, gewin­net eine lieb und gefallen zu ihr, begert sie zutrauen und alß seine gutter ihro zuzupringen, diße sach kömpt vor den konigh, welcher ime dißen heir­hatt uberauß woll gefallen läßet, auß ursachen weil er auß hoher weißheit in seinem prognostico befindet, dz auß dißer vermehlung ville kin­der gezilt und ufferzogen werden, die ime sein koniglich reich, ehr und maiestet ver­mehren sollen; also der konig dißen heirhat selbst treibet und verordnet, dz diese arme bräut fortmehr wie ein königliche dochter geklei­det und auß­gerustet, von der röriger hungeriger ietzo zu seiner selbst tag­licher kö­niglicher tafell gefuhrt, und mit den allerbesten und lustigsten speisen und tranck so der konig selbst gepraucht, tractirt und erfreuet werde, ist die frag, ob solche haußmutter diße uberauß herliche königliche glegenheit vor ihre döchter in langweilig bedencken ziehen und sich vill zu suchen machen solte? ..."

[45]            Arsenius Jacobs O.M.Cap., Die rheinischen Kapuziner 1611-1725. Ein Beitrag zur Geschichte der katholischen Reform, Münster 1933, S. 96-98. Zu St. Goar s. auch Bonaventura von Mehr, Das Predigtwesen in der kölnischen und rhei­nischen Kapuzinerprovinz im 17. und 18. Jahrhundert, Rom 1945, S. 304 f.

[46]            Zitiert bei Franzen (wie Anm. 8), S. 171 f. Franzen bezieht sich auf ein Archivale des Historischen Archivs der Erzdiözese Köln (AEK) mit der Signa­tur Vicarialia 275. Der Bestand "Vicarialia" dürfte in der Nachkriegszeit aufgelöst worden sein, die Signatur ist jedenfalls heute nicht mehr auf­findbar.

[47]            Vgl. etwa zu Bonn Thomas P. Becker (wie Anm. 22); zu Siegburg s. ebd., S. 108 sowie Erich Wisplinghoff, Das Erzbistum Köln, Bd. 2. Die Benediktiner­abtei Siegburg, Berlin 1975 (= Germania Sacra NF Bd. 9); s. auch August Franzen (wie Anm. 22), S. 248-254.

[48]            Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Bonn St. Cassius, Visitationsrezeß von 1618; Vgl. dazu Thomas P. Becker (wie Anm. 22), S. 109.

[49]            German Hubert Christian Maaßen, Geschichte der Pfarreien des Dekanates Bonn, Bd. 1, Köln 1894, s. 196. Vgl. Thomas P. Becker (wie Anm. 22), S. 108.

[50]            So begründet ein Extrakt aus dem "Anniversari- und Collectenbuch der Statt Munstereifel" den Zweck der Ansiedlung mit der "befurderungh mehrer Gottesfurcht hieselbst und in benachbarten orteren auch gemeiner wolfart aller in- und außwartigen jugendt, wilche die schulen frequentiren werden". Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Münstereifel Jesuiten, Akten 3 III, fol. 5r.

[51]            Wolfgang Herborn, Kleinstädtisches Tuchmachergewerbe im Kölner Raum bis in die frühe Neuzeit: Deutz, Münstereifel, Siegburg, in: Rheinisches Jahrbuch für Volkskunde 27 (1987/88), S. 59-82.

[52]            Werner Gugat, Verfassung und Verwaltung in Amt und Stadt Münstereifel von ihren Anfängen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, Bonn 1969, S. 128, 140.

[53]            Gugat (wie Anm. 52), S. 155.

[54]            Martin Scheins, Urkundliche Beiträge zur Geschichte der Stadt Münstereifel und ihrer Umgebung, Bd. 1, Münstereifel 1894, S. 331. Vgl. Gugat (wie Anm. 52), S. 156.

[55]            Rheinischer Städteatlas, Lieferung II Nr. 7, Bad Münstereifel, bearbeitet von Klaus Flink, Bonn 1974, IV, 11.

[56]            Redlich, wie Anm. 10, S. 551

[57]            P. Salesius Elsner OFM, Die Ursulinen von St. Salva­tor, Trier 1913. Zu den Jesuitinnen s. Anne Conrad, Zwischen Kloster und Welt. Ursulinen und Jesuitinnen in der katholischen Reformbewegung des 16./17. Jahrhunderts, Mainz 1991; s. auch Anton Arens, Jesuiten und "Jesuitinnen", in: Die Gesellschaft Jesu und ihr Wirken im Erzbistum Trier (wie Anm. 1), S. 81-100.

[58]            Wortlaut des Testaments bei Johannes Becker (wie Anm. 27), S. 245 f. Für 1994 ist eine Festschrift zum 400jährigen Bestehen der Salvatorschule (heute St. Angela-Gymnasium) angekündigt, der man näheres wird entnehmen können.

[59]            Rheinischer Städteatlas (wie Anm. 55), IV, 5.

[60]            "hinfurders den schatz und steweren (bei eins etlicher auß der gemeiner Burgerschafft bevolmechtigten) vermog clarlichen Ihrer F. D. gnedigen be­felchs Inhalt, ohn einige verhoherung des tax unparteisch gleichmeßig nach Irem vnd eines Jeden Burgers haab, Erb, vnd gutteren Dulden Rhenten vnd In­kombsten, Dannoch auch nach eines Jederen gewin und gewerb dabei derselben so des munsterbusch taglichs geprauchen vnd daß holtz verkauffen zuge­dencken bescheidentlich vmbzulegen vnd zu setzen." Katzfey (wie Anm. 13), S. 29.

[61]            Gugat (wie Anm. 52), S. 156.

[62]            Die Bürger erklärten, daß "tempore erectae primae matriculae 500 vnd mehr bürgere in der stadt geweßen, ietzo kaum 200 erfindtlich, welche platzen sowohl patres Capucini, patres societatis alß jungferen Carmelitessen vnndt Jesuitreßen nuhnmehr einhaben, wavon die matricula annoch nicht abgeschrieben vnndt die verarmte wenige bürgerschafft steuhr, schatzungen vndt con­tributiones abtragen müßten." Scheins (wie Anm. 54), S. 424. Vgl. Gugat (wie Anm. 52), S. 156.

[63]            "Nach einigen Wochen schon empfingen an den gewöhnlichen Sonntagen mehr Leute die heiligen Sakramente, wie vordem nicht einmal am Weihnachts- und Pfingstfeste. So groß ist der Zudrang zu der Predigt, daß die Kirche nicht alle Zuhörer fassen kann. Dicht gedrängt steht man nach draußen an den Türen. Die Leute, welche jetzt draußen stehen bleiben müssen, übertreffen noch an Zahl jene, welche man ehemals in der Kirche selbst sah." Litterae annuae 1626, zit. nach Duhr (wie Anm. 31), S. 118.

[64]            Katzfey (wie Anm. 13), S. 216.

[65]            Angeblich soll er so viel Unterstützung und Zuspruch in der Stadt erfahren haben, daß er, als der Druck auf die Obrigkeit zur Zurücknahme der Ent­scheidung einer Jesuitenniederlassung größer wurde, dem jülichschen Amtmann Dietrich von Syberg eine Bittschrift mit den Unterschriften von 300 Münster­eifeler Bürgern überbringen konnte. Die Nachricht geht zurück auf eine nicht weiter belegte Stelle bei Schannat (wie Anm. 18), S. 333, doch ist allein schon angesichts der Einwohnerzahlen Münstereifels eine so große Zahl von Unterschriften nicht sehr wahrscheinlich. Die Stelle ist übernom­men und mit Aus­schmückungen versehen worden bei Katzfey (wie Anm. 13), S. 217, und taucht auch sonst verschiedentlich auf.

[66]            Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Münstereifel Jesuiten, Akten 3 III, fol. 16r.

[67]            Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Münstereifel Jesuiten, Akten 3 III, fol. 17v; auszugsweise zitiert bei Duhr (wie Anm. 31), S. 119.

[68]            Duhr (wie Anm. 31), S. 119.

[69]            Katzfey (wie Anm. 13), S. 217.

[70]            Duhr (wie Anm. 31), S. 119.

[71]            Duhr (wie Anm. 31), S. 120.

[72]            Duhr (wie Anm. 31), S. 120.

[73]            Duhr (wie Anm. 31), S. 121.

[74]            K. Hürten (wie Anm. 14), S. 73.

[75]            Katzfey (wie Anm. 13), S. 235.

[76]            Katzfey (wie Anm. 13), S. 218; Auskunft über das Stammvermögen des Gymnasiums ebd., S. 224-231.

[77]            Katzfey (wie Anm. 13), S. 218.

[78]            Ernst Polaczek, Die Kunstdenkmäler des Kreises Rheinbach, Düsseldorf 1898, S. 105. Vgl. auch Katzfey (wie Anm. 13), S. 219 sowie K. Hürten (wie Anm. 14), S. 74.

[79]            Katzfey (wie Anm. 13), S. 220-222.

[80]            Eduard Hegel, Geschichte des Erzbistums Köln, Bd. 4. Das Erzbistum Köln zwischen Barock und Aufklärung. Vom pfälzischen Krieg bis zum Ende der Franzosenzeit 1688-1814, Köln 1979, S. 249. Vgl. auch Polaczek (wie Anm. 78), S. 103 f.

[81]            Duhr (wie Anm. 31), S. 119. Auch Baving selbst sprach in einem Brief nach Rom davon, "daß das Land einem eifrigen Seelenhirten wie eine Gegend Indiens vorkommen kann." Ebd., S. 120.

[82]            Duhr (wie Anm. 31), S. 119.

[83]            Memoriale concernens Eiffliam (brevis delineatio enormium delictorum et scandalorum cleri sub initium saeculi XVII signanter in visitatione 1627)zit. nach Franzen (wie Anm. 8), S. 171.

[84]            Thomas P. Becker, Hexenverfolgung in Kurköln. Kritische Anmerkungen zu Ger­hard Schormanns "Krieg gegen die Hexen", in: Annalen des Historischen Ver­eins für den Niederrhein 195 (1992), S. 204-214, besonders S. 212 f.

[85]            Der Prozeß gegen Hennes ist ausführlich geschildert bei Harald Schwillus, Kleriker im Hexenprozeß. Geistliche als Opfer der Hexenprozesse des 16. und 17. Jahrhunderts in Deutschland, Würzburg 1992, S. 226-265; zu beiden Pro­zessen s. auch Adolf Kettel, Von Hexen und Unholden. Hexenprozesse in der West- und Zentraleifel, Prüm 1988; vgl. auch Franzen (wie Anm. 8), S. 289 f.

[86]            Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Münstereifel Jesuiten, Akten 3 III, fol. 5r-6r

[87]            "Sunt qui suspicant si indifferenter integri cuiusdam pagi vel oppidi mu­lieres, capiant et torqueant, non leve periculum esse ob immanitatem illorum tormentorum prope universas vel vi doloris suas, vel sua sponte, vel illu­sione daemonis (quem sibi aiunt conari se in carcere desolatis mentibus in­gerere) se sagas esse, saltasse et immania maleficia commisisse fassuras, quo a miseriis liberent et mortem incurrant." Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Münstereifel Jesuiten, Akten 3 III, fol. 19v.

[88]            Franzen (wie Anm. 8), S. 289 f.

[89]            Zuletzt noch Gerhard Schormann, Der Krieg gegen die Hexen. Das Ausrottungsprogramm des Kurfürsten von Köln, Göttingen 1991.

[90]            1650: 14 Priester, 3 Magister, 6 Laienbrüder.

[91]            Zur Einführung der Christenlehr-Bruderschaft im Rheinland s. Thomas P. Becker (wie Anm. 12), S. 193-196.

[92]            1646 heißt es im Jahresbericht: "Einen großen Teil des Jahres haben wir in den Ortschaften gearbeitet, die ihrer Pfarrer beraubt sind. Zahlreicher wie sonst waren auch die Orte, zu denen wir an den höheren Festen und sonst, und zwar mehr wie gewöhnlich, gerufen wurden." Duhr (wie Anm. 31), S. 121.

[93]            Andreas Schüller, Die Wallfahrt auf dem Michelsberg bei Münstereifel zur Jesuitenzeit (1632-1773), in: Bonner Zeitschrift für Theologie und Seelsorge 3 (1926), S. 58-69; Joseph Matthias Ohlert, Wallfahrten nach, von und durch Münstereifel im Laufe der 1100jährigen Geschichte dieser Wallfahrtsstadt, in: Eifel-Jahrbuch 1990, S. 160-169, hier S. 165 f.; Duhr (wie Anm. 31), Bd. 3, S. 55-57, Hegel (wie Anm. 80), S. 353. Siehe auch Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Münstereifel Jesuiten, Akten Nr. 19; ebd., Jülich-Berg III (Hofkammer), Nr. 1731, 1732.

[94]            Andreas Schüller, Die Eifelmission der Jesuiten 1704-1773, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 121 (1932), S. 79-130; zur Methode der Missionare vgl. Karl Füssenich, Die Volksmission in den Herzogtümern Jülich und Berg während des 18. Jahrhunderts, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 78 (1904), S. 117-141. Zur Dotation der Eifelmission s. auch Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Jülich-Berg III (Hofkammer), Nr. 1730.

[95]            Schüller (wie Anm. 93), S. 62.

[96]            Hegel (wie Anm. 80), S. 416.

[97]            K. Hürten (wie Anm. 14), S. 88; Katzfey (wie Anm. 13), S. 237 f.

[98]            Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Jülich-Berg III (Hofkammer), Nr. 1743, 1763a-1772.

[99]            K. Hürten (wie Anm. 14), S. 89.